Nachdem Shizuka nun ein paar Tage lang die japanische Grundschule in der Nähe unserer Wohnung besuchte, konnte sie einen ordentlichen Vergleich zu Unterricht, Schülerverhalten und Lehrerverhalten im deutschen Kulturkreis ziehen. Und das tat sie denn auch, denn ihre Japanischlehrerin bat sie natürlich, so ausführlich wie möglich über ihre Erfahrungen zu reden. Immerhin soll die kleine Dame irgendwann in nächster Zukunft wirklich konversationssicher sein, und es ist immer wieder schwierig, ein Thema zu finden, das sie wirklich zum Reden bringt. Also, hier ihre Erfahrungen:
- Das war kein Schulunterricht, das war eine soziologische Feldforschung! (Ja, ich musste das japanische Vokabular nachschlagen, weil ich das wirklich nicht draufhabe.)
- Die haben seit drei Jahren im Sommer Schwimmunterricht in der Schule, jede Woche zwei Stunden, und alles was die machen, ist das Gesicht ins Wasser tunken!
- 爪チェック (tsume-chekku, Fingernagel-Längen-Kontrolle) jeden Morgen im Klassenzimmer vor Unterrichtsbeginn – können mit zehn Jahren nicht selbst sehen, wie lang ihre Fingernägel sind?
- Riesenschwimmbad auf dem Schuldach, aber keine Umkleiden! Wir mussten uns im Klassenzimmer umziehen, die Jungs haben ständig den Vorhang zu den Mädels weggezogen, und das ganze Drama hat eine halbe Stunde gedauert! Da war kaum noch Zeit zum Schwimmen.
- Mittagessen aus der Schulkantine war total lecker, nur die Milch hat komisch geschmeckt, und die Portionen sind irgendwie alle gleich groß. Zum Glück hab ich immer wenig Hunger!
- Der Englischunterricht war total Banane. Da kam so ein Ausländer-Typ und hat uns auf Englisch gefragt, ob wir Hobbys haben, und dann mussten alle brüllen "Yes, I do!" und "No, I don't!". Und dann hat der gesagt, ob Baseball unser Hobby ist, und wir mussten brüllen "Yes, it is!" und "No, it isn't!" – die ganze Stunde lang ging das so, mit Fußball und Klavier spielen und Ballett und so. Wir durften gar nicht selber richtig reden.
Und die japanische Sprache? War das okay, oder gab es Probleme beim Verstehen und Reden?
- Alles locker, völlig in Ordnung. Die Lehrerin hat ihre Kinnlade vom Boden hochklappen müssen, als ich erzählt habe, dass ich seit der ersten Klasse Deutsch und Englisch lerne, nebenbei freiwillig Japanisch habe und in der sechsten Klasse schon in der Schule Französisch dazukommt. Das konnte die kaum glauben, dass ein Kind so viele Sprachen hinkriegt.
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