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Montag, 28. Juli 2014

Alles eine Frage der Motivation?


Warum lernen Kinder? Bei Erwachsenen ist die Sache ganz einfach: Die meisten lernen entweder nichts mehr, oder sie erwerben neue Fähigkeiten und Kenntnisse, weil sie es entweder beruflich benötigen oder es ihnen Spaß macht. Beides sind Motivationen, die logisch und sinnvoll sind, die etwas mit dem Willen zu tun haben. Sie lernen, weil sie es wollen. Warum lernen Kinder? Wollen sie das? Wenn es um den Erwerb neuer Fähigkeiten geht, um Fähigkeiten wie Schwimmen, Fahrrad Fahren, Skateboard Fahren, Singen, durch die Zähne pfeifen, Getränkedosen kicken und mit Grashalmen nervige Quietschtöne erzeugen – ja, sie wollen das. Deshalb bringen sie Stunden, Tage und ganze Sommerferien damit zu. Wer einmal miterlebt hat, wie sich Sechsjährige nach dem Erwerb des „Seepferdchens“ an den Freischwimmer herantasten, wird das bestätigen. Das Erlernen der Baderegeln ist nicht das Problem, das Bewältigen der 200 m Schwimmen in beliebiger Technik, aber eingeschränkter Zeit schon. Da wird gepaddelt und geschwommen, bis die Lippen blau sind. Da tummelt man sich von morgens bis abends im Freibad, nimmt Sonnenbrand, Unterkühlung, Schwitzen und den Wegfall jeglicher Freizeit in Kauf. Das Taschengeld geht für einen Tauchring und eine Schwimmbrille drauf, und die kleinen Hochleistungssportler stehen stundenlang unter dem Dreimeterbrett, um sich die Sprungtechnik der Großen abzuschauen. Geübt wird erst am Beckenrand, bei zunehmendem Mut am Startblock, dann am Einer. Der Dreier ist der Olymp, da traut man sich eine ganze Saison lang nicht rauf. Und wofür das ganze Theater? Für einen kleinen runden Aufnäher am Badehöschen und ein Stück Papier, das nach einem halben Jahr niemanden mehr interessiert. Es ist enorm, wieviel Motivation ein Kind aufbringen kann.

In der Schule sieht das anders aus. Da gibt es kein Schwimmabzeichen, das man sich selbst im Schweiße seines Angesichts (wortwörtlich), unter Erbringen größter persönlicher Opfer und entgegen den Ratschlägen ängstlicher Eltern erarbeiten kann. Da gibt es anständig portionierten Lernstoff, der in vorverdauten 45-Minuten-Häppchen serviert wird, von einer Lehrkraft, die in der Regel die Bahnen des Denkens ebenso vorgibt wie die Zeit, die man dafür benötigen darf. Querdenken ist nicht erlaubt, denn das ruiniert das Klassenziel. Selbst erarbeiten ist nur in Ordnung, solange es im vorgeschriebenen Tempo erfolgt, und als Belohnung winken – Hausaufgaben und Klassenarbeiten. Sind diese „Leistungskontrollen“ geschafft, steht da eine Ziffer auf dem Papier, das die Eltern unterschreiben dürfen. Kein „Rechenpass“, kein Aufnäher, nicht einmal sonderbar viel Interesse im Umfeld – wer will schon fünfmal erzählt bekommen, dass man jetzt die Addition im Hunderterbereich beherrscht? Kein Wunder, dass die Motivation da leidet.

Interessant ist dann noch die Frage, was mit den Kindern passiert, die eine unglaubliche Lernmotivation haben, sich nicht in das schulische System einfügen wollen und gegen Unterforderung rebellieren. Um beim Vergleich mit dem Schwimmabzeichen zu bleiben: Was passiert mit den stolzen Seepferdchenbesitzern, die sich sofort auf den Dreier trauen, bereits zwei Meter tief tauchen und sich in einem Sommer die 200 m Strecke erarbeiten? Nichts passiert mit denen, die dürfen im zarten Alter von sieben Jahren ein Schwimmabzeichen erwerben, das einmal für Neun- bis Elfjährige vorgesehen war. Keine große Sache, die stolzgeschwellte Brust bei Vater und Sohn versteht sich von selbst (gleiches gilt für Mütter und Töchter). In der Schule ist das nicht so. Werden die Hausaufgaben nicht erledigt, sondern stattdessen zwanzig Seiten weiter im Mathebuch gearbeitet, muss das Kind in der Regel nachsitzen und in der Nachsitzstunde die nicht gemachten Aufgaben erledigen. Warum? Weil schließlich alle Kinder Hausaufgaben machen müssen, und zwar die, die die Lehrkraft aufgibt, keine selbst ausgesuchten. Denn wo kämen wir denn da hin, wenn in der Schule jeder zeigen würde, was er besonders gut kann? Ob das Nachsitzen so motivationsfördernd ist, fragt niemand. Was macht das mit einem Kind, wenn es begeistert lernt, voller Enthusiasmus das Klassenziel lange vor Schuljahresende erreicht, und dafür mit Freizeitentzug und zusätzlichen Aufgaben (die nicht interessieren, sondern so einfach sind, dass sie zu Tode langweilen) bestraft wird? Es geht um Menschenkinder, wohlgemerkt, um Menschen, die die gleichen Rechte auf körperliche und geistige Unversehrtheit haben wie Erwachsene, die in die Fürsorge (!) der Lehrkräfte übergeben sind.

Was ist mit Erwachsenen in vergleichbaren Situationen? Würden wir es verantworten, einen hochkompetenten Chirurgen sechs Stunden täglich (ausgehend im Vergleich zu einem durchschnittlichen Schultag von Grundschülern inklusive Hausaufgaben) Gemüse schnippeln zu lassen, weil andere Leute das ja schließlich auch so machen? Würden wir die Steuerfachkraft im Lager Sprudelkisten zählen lassen, weil sie gut mit Zahlen kann und das andere eben auch machen? Der Arbeitsmarkt sieht da andere Dinge vor – jeder muss zuerst nach seinen Befähigungen eingesetzt werden. Dass das nicht immer möglich ist, steht auf einem anderen Blatt. Das ist auch richtig so, denn bei chronischer Unterforderung droht den erwachsenen Fachkräften geistige Verarmung, Depressionen bis hin zu Suizidgefahr, inklusive Klinikaufenthalt, getragen von den Krankenkassen. Was chronische Unterforderung mit Grundschülern macht, dazu an anderer Stelle mehr - es wird ein langer Bericht.

Warum fördern wir unsere Kinder nicht besser, wenn die Indikation da ist?

Warum gibt es keine kassengeförderten Lernmodelle für begabte Kinder?

Nicht einmal die heilpädagogische Betreuung, die bei unterforderten Kindern zur Prävention ernsthafter seelischer Erkrankungen nötig ist, wird von den Kassen getragen. Warum nicht? Ist eine Behandlung eingehandelter (vermeidbarer) psychischer Erkrankungen kostengünstiger? 

Würden wir Erwachsene mit einer Zahnbürste die Straße kehren, wenn die Kehrmaschine im Keller steht – nur weil der Nachbar das macht, der keine Kehrmaschine hat? Das menschliche Gehirn ist ein zu Höchstleistungen fähiges Organ - das offenbar häufig genug gezwungen werden muss, im Leerlauf zu arbeiten. Warum?

Heißt schulische Bildung nicht, dass Kinder befähigt werden sollten, ihr Gehirn für das zu nutzen, wofür es da ist, also zum Denken?

Ist Bildung Sache des Elternhauses? Sollen Eltern am Nachmittag und an den Wochenenden all das auffangen, Kinder mit ins Museum nehmen, in Kurse stecken, in die Bibliothek schicken? Wann sollen Kinder dann noch spielen? Oder dürfen begabte, wissbegierige Kinder nicht spielen, wenn sie ihre Lernmotivation erhalten wollen? Geht der Bildungsauftrag der Schulen (also die Daseinsberechtigung der Schulen, die Kindern Bildung vermitteln sollen) bei begabten Kindern an die Eltern über? Wenn ja: Bekommen Eltern dann das Lehrergehalt überwiesen, wenn sie einen pädagogischen Schnellkurs absolvieren, und die Kinder dürfen vormittags die Schule schwänzen? Wenn nein: Warum kommt die Schule dem Bildungsauftrag dann nicht nach? 

Ganz klar, die Fragen provozieren. Das sollen sie auch, denn mit einem Schulterzucken und der Einstellung, dass man ein bestehendes System nicht zugunsten Einzelner ändern kann, ist es nicht getan. Nach den demokratischen Grundsätzen dieses Landes steht jedem Kind (also nicht nur dem Durchschnitt, nicht nur den lernschwachen Kindern) eine seinen Begabungen entsprechende Bildung zu, die es in seiner persönlichen Entwicklung fördert und fordert und zu einem seelisch und geistig erwachsenen Menschen heranreifen lässt. Dieser Anspruch wird derzeit nicht erfüllt. Pfui!

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